Radioworkshop: Schmalspur-Redaktionen sind keine Zukunftsoption

Im nordrhein-westfälischen Lokalfunk und der Audiolandschaft insgesamt stehen richtungsweisende Entscheidungen und Veränderungen an. Vor diesem Hintergrund hatte die SPD-Landtagsfraktion am 30. November 2021 alle relevanten Akteure des NRW-Lokalfunks zu einem digitalen Radioworkshop eingeladen. Über 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer diskutierten über mögliche Strategien, wie die Lokalradios von Antenne AC über Radio Herne bis Radio Westfalica zukunftssicher aufgestellt werden können.

Der NRW-Lokalfunk sieht sich aktuell zahlreichen neuen Entwicklungen gegenüber: der Konkurrenz durch den Sendestart des DAB+ Multiplex, der Besetzung der landesweiten UKW-Kette und einer Debatte über die Relevanz der Lokalradios für den Katastrophenschutz. Gleichzeitig wächst weiterhin der wirtschaftliche Druck auf das Lokalfunksystem durch neue Internet-Angebote, Streaming-Dienste, digitale Sprachassistenten und ein verändertes Nutzungsverhalten. Im September hatte die SPD-Landtagsfraktion in einem Antrag unter anderem gefordert, das Lokalfunksystem in seiner jetzigen Form zu erhalten und sicherzustellen, dass auch in Zukunft in allen 44 Verbreitungsgebieten eigene Redaktionen vorhanden sein werden. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD leider abgelehnt. Umso wichtiger ist für die SPD-Fraktion, den Handlungsdruck zur Absicherung und Stärkung des Lokalfunks aufrecht zu erhalten.

Zur ab Januar 2022 geltenden Lösung zur Aufrechterhaltung des Sendebetriebs von Radio Ennepe Ruhr erklärte die SPD-Medienpolitikerin Dr. Nadja Büteführ aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis: „Gerade vor dem Hintergrund abnehmender Medienvielfalt ist es umso wichtiger, dass die Lokalradiosender vor Ort erhalten bleiben. Daher danke ich allen Beteiligten, die zur Rettung von Radio Ennepe Ruhr beitragen.“ Kernthemen des Radioworkshops waren außerdem die Forderung nach mehr Transparenz über die wirtschaftliche Situation der einzelnen Lokalradios und die Option, dass eine Betriebsgesellschaft (BG) nicht mehr nur in einem, sondern in Zukunft auch in mehreren Verbreitungsgebieten Vereinbarungen mit den jeweiligen Veranstaltergemeinschaften abschließen könnte.

Positiv aufgenommen wurde das ausdrückliche Bekenntnis des Verbandes der Digitalpublisher und Zeitungsverleger sowie des BG-Verbandes zum bestehenden Lokalradiosystem. Die Diskussionsrunde stellte jedoch klar: Sollte dieses Bekenntnis aufgeweicht werden, müsse das derzeit noch geltende Verleger-Privileg zur Diskussion gestellt und das Lokalfunksystem gegebenenfalls auch für andere Player geöffnet werden. „Der Radiomarkt in Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor auch wirtschaftlich attraktiv und die Hörerinnen und Hörer setzen zunehmend auf lokale Inhalte. Wer einen flächendeckenden Werbemarkt will, der muss auch in das lokale Programm investieren und die entsprechenden unternehmerischen Entscheidungen treffen“, so der SPD-Medienpolitiker und Hörfunkexperte Ernst-Wilhelm Rahe.

Als medienpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion dankte Alexander Vogt all denjenigen, die sich in den Chefredaktionen und Veranstaltergemeinschaften für ein qualitativ hochwertiges Lokalradioprogramm engagieren. In einer Zeit, in der zahlreiche neue Akteure auf den Radiomarkt kommen, müsse der Lokaljournalismus als Kernkompetenz des Lokalfunks gestärkt werden. „Das System durch Personaleinsparungen möglichst kostengünstig am Laufen zu halten, darf keine Option sein. Die Lösung zur Rettung von Radio Ennepe Ruhr als Schmalspur-Redaktion muss daher eine vorübergehende Ausnahme bleiben“, so Vogt.

Foto: Bernd Henkel